Führung virtueller Teams

Führen auf Distanz – Nähe trotz Distanz.

Ist Führung im persönlichen Kontakt an sich schon Herausforderung genug, bringt das Arbeiten in einer virtuellen Landschaft zusätzliche Komplexität ins Spiel. Wir alle haben spätestens im letzten Jahr mit Homeoffice und Remote Work bekanntes Terrain verlassen. Virtuelle Zusammenarbeit ist damit nicht mehr nur Thema für Spezialisten/innen, die in unterschiedlichen Zeitzonen, Kulturen, verschiedenen Sprachen und Sozialisierungen unterwegs sind. Wir alle haben mit der räumlichen Distanz umgehen lernen müssen. Diese neue – virtuelle – Zusammenarbeit geht uns alle an. Doch wie über Distanz wirksam kommunizieren und zielführend kooperieren? Was braucht diese „neue Art“ des Teamwork wirklich – abseits von Meeting-Tool-Rankings, Checklisten für Online-Meetings und Top-10-Tipps-Ratgebern?

Erhard Semlitsch

Oxytocin. Ein Hormon, das Aufsehen erregt.

Eine Molmasse von 1.007,19 g/mol und der Siedepunkt bei 1.533 °C. Das sind die Eckdaten, die für virtuelle Teams eine zentrale Bedeutung haben.

Denn diese Eckdaten gewährleisten Zusammenarbeit und gehören zum „Bindungshormon“ Oxytocin, zu dem bereits unzählige Studien publiziert wurden und an dem inzwischen weltweit über 100 Forschergruppen arbeiten. Oxytocin hat generell positive Wirkung auf das Wohlbefinden und wirkt sich vielfältig günstig aus: Es stärkt das Bindungsverhalten zwischen Menschen, baut das Vertrauen in andere Menschen auf, reduziert Stress und Angst, dämpft Aggressionen und macht uns empathisch. Oxytocin wirkt zudem blutdrucksenkend und erhöht die Gedächtnisleistung.

Nur: Während Oxytocin in der realen Begegnung quasi „automatisch“, durch eine Geste, einen Blickkontakt, eine Berührung entsteht – wie baut sich diese Beziehung virtuell auf? Die gute Nachricht: Auch in der Virtualität kann man das Emotionszentrum erreichen, sich trotz Abstand näher kommen. Wir müssen nur alles dafür tun, die Kanäle, die uns offen stehen, auch zu bedienen.


„Oxytocin spielt
für das Zusammenleben aller Menschen
eine große Rolle.
Es wirkt prosozial,
fördert also ein positives soziales Miteinander.“

(Inga Neumann, Universität Regensburg)


Menschliche Nähe ist definitiv ein Erfolgsrezept und alternativlos.

Menschen sind sich sozial vernetzende Individuen, sogenannte „Netzwerk-Wesen“, die regelrecht süchtig nach Verbundenheit sind. Unser Gehirn ist vor allem dafür gemacht, das Zusammenleben in einer Gruppe zu meistern und ein geachtetes Mitglied einer Gruppe zu sein. Denn dies gibt uns Sicherheit und Geborgenheit.

Bindung braucht Begegnung, ohne Begegnung entsteht kein Wir-Gefühl.

Und das ist der Anknüpfungspunkt für alle virtuellen Teams.

„Menschen, die durch ihre Zuwendung und ihre Aufmerksamkeit unsere Oxytocin-Produktion stimulieren, werden zusammen mit der Erinnerung an die mit ihnen erlebten guten Gefühle in den Emotionszentren unseres Gehirns abgespeichert.“ (Joachim Bauer, Universität Freiburg)

Da es keine (oder fast keine) persönliche Begegnung in virtuellen Teams gibt, muss emotionale Resonanz durch vermehrte und vor allem bewusste Signalisierung von Anerkennung und Wertschätzung hergestellt werden.

Dabei hilft uns die Erkenntnis von Aileen Moeck: „Alle Menschen lachen und weinen in der gleichen Sprache.”

Virtuelle Zusammenarbeit braucht Vertrauen.

Noch mehr als das physische Zusammenarbeiten braucht die virtuelle Teamarbeit eine Vertrauensbasis. Denn Vertrauen minimiert nicht nur die Komplexität, vielmehr entsteht ein „Sog des Vertrauens“: Wer Vertrauen schenkt, erntet Vertrauen und Loyalität.

Dieses Aufbauen von Vertrauen ist als Reifeprozess zu verstehen und wie alle Reifeprozesse ist auch dieser nicht beliebig zu beschleunigen. Jedoch: Wenn es uns gelingt, auf Basis der Vertrautheit den Weg über die Vertrauenswürdigkeit hin zum Vertrauen gemeinsam zu gehen, ist die Entwicklung einer erfolgreichen Zusammenarbeit – auch in der virtuellen Welt – nicht mehr aufzuhalten.

PMCC Grafik Reifeprozess virtueller Zusammenarbeit-2021-03

Natürlich geht sich dieser Weg nicht von alleine, wir müssen schon gemeinsam etwas dafür tun und uns dafür anstrengen, denn …

Vertrautheit entsteht durch:

  • Besseres Kennenlernen
  • Längeres Zusammenarbeiten
  • Gemeinsame Auftraggeber-Auftragnehmer-Beziehungen

Vertrauenswürdigkeit entsteht durch:

  • Charakterstärke
  • Konsequenz
  • Rücksichtnahme
  • Fürsorge

Vertrauen entsteht durch:

  • Offenheit
  • Ehrlichkeit
  • Verlässlichkeit
  • Akzeptanz

 

Es ist auch nicht damit getan, diese Anstrengungen nur einmal oder nur beim ersten Mal zu tun, es braucht schon Ausdauer und immer wieder einen neuen Schuss Energie, um den Erfolg eines virtuellen Teams sicherzustellen. Oder wie es Dr. Reinhard Sprenger treffend formuliert: „Ein Unternehmen ist vorrangig eine Kooperationsarena, keine Koordinationsarena. Ihr logisches Zentrum ist das Zusammenarbeiten, nicht die Addition von Einzelleistungen. Wem also Homeoffice leicht fällt, der hat vorher nicht wirklich zusammengearbeitet.“

So gelingt die aktive Gestaltung der virtuellen Teamkultur

Fazit für alle, die eine erfolgreiche Zusammenarbeit in virtuellen Teams genießen möchten:

  • Schenken Sie Vertrauen!
  • Fördern Sie die Selbstorganisation!
  • Starten Sie den Reifeprozess – Seien Sie Creator, nicht Reactor!
  • Geben Sie das “Know-why” weiter, nicht das Know-how!
  • Wer Leistung will, muss Sinn bieten!
  • (An)erkennen Sie individuelle Bedürfnisse, Fähigkeiten und Ziele!
  • Kommunizieren Sie direkt und stellen Sie Transparenz her!

Und wie immer gilt: Über Wirkung und Nebenwirkungen beim Führen virtueller Teams fragen Sie niemals ihren Arzt oder Apotheker, sondern immer nur sich selbst und Ihre Mitarbeiter/innen!

 


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